Kinder- und Jugendfarmen / Öffentliche Spielgärten
Wie gründe ich eine Kinder- und Jugendfarm in Zeiten leerer öffentlicher Kassen ?
Eines der Totschlagargumente gegen eine neue Farm oder einen Abenteuerspielplatz (ASP) für Kinder und Jugendliche liegt in dem Verweis „schöne Idee, aber wir haben kein Geld!“ Für die Stadt/Gemeinde stellt es eine freiwillige Leistung dar, zu der sie nicht verpflichtet ist.
Soll man dann resignieren und die Idee abschreiben? Die Kinder verbleiben an Bildschirmen und/oder werden bei Berufstätigkeit der Eltern auch nachmittags betreut. Ihr Lebenskreis ist das Schulgebäude der Schulhof, die elterliche Wohnung oder Termine beim Sportverein. Ein natürliches Gelände auf dem sie frei spielen, sich austoben oder auch kreativ tätig werden können, sozusagen ein Reservat für sie, gibt es nicht …..
Auch wenn Städte und Gemeinden kein Geld haben, so verfügen sie doch über ein Liegenschaftsamt, das die Grundstücke verwaltet und über zahlreiche Beziehungen. Wir nehmen mal gleichzeitig an, es gründet sich ein Verein von ca. 20 Familien und anderen Personen, die den Kindern einen Spielort in freier Natur zukommen lassen wollen. Diese beiden tun sich zusammen und suchen nach einem geeigneten Gelände in Wohnort- und Naturnähe, dort wo privat nicht mehr gebaut werden darf, aber Naherholung vorgesehen ist.
Wenn denn ein solches Gelände gefunden wird, kann die Arbeit sukzessive losgehen: Es wird erst einmal eine Hecke drum herum gepflanzt (Benjes-Hecke), bei Bedarf gerodet und peu a peu, je nach Kraft und Möglichkeiten die Elemente einer Farm aufgebaut:
- Feuerstelle, Grill, Sitzkreis evtl. überdacht
- Container, Bauwagen evtl. beheizt, Hütte
- Baubereich, Holzlager, Werkzeugausgabe, Werkstatt, Hüttenbaubereich
- Open-Air-Küche, Back- und Lehmofen, überdachter Gemeinschaftsplatz, Elektro/Gas, auch als Regenzufluchts- oder Sonnenschutzort, Kommunikations- und Sammelpunkt
- Toilettenwagen oder –container, Dixitoilette, Komposttoilette
- Nutz- und Ziergarten, Hochbeete, Kartoffelacker, Gewächshaus, Gartenhütte, Kräuterschnecke, Insektenhotel, Obstgarten, Weidenzelt, Sitzgelegenheit
- Spielplatzelemente, Sandkasten, Schaukel, Hängebrücke, Seilgarten, Baumhaus, Barfußpfad, Erdhügel
- Erst als letztes eine Tierhaltung, da diese eine ganzjährige Versorgung erfordert, evtl. „Tierbesuche“ von Tiervereinen, Schäfern, Bauernhöfen oder Reitställen
Diese Liste ließe sich noch um jede Menge anderer Ideen und Möglichkeiten erweitern, je nach Gelände, Engagement, Sponsoren, Ideen der Kinder etc.
Der offene Betrieb könnte dadurch gewährleistet werden, dass von den 20 Mitgliedern /Familien in der Saison Ende März bis Ende Oktober immer je Zwei den Garten für 2 Tage die Woche (am besten Fr/Sa oder Sa/So) öffnen. Schulkinder können mit Einverständniserklärung der Eltern alleine dorthin kommen, jüngere in Begleitung ihrer Eltern. Der Verein muss die Verkehrssicherheit des Geländes zuverlässig wöchentlich prüfen.
Schulen und Kitas besuchen den Garten nach Absprache vormittags als Ausflugsziel, Spielfläche, Schulgarten, Obstgarten (Klassenbaum pflanzen), zum Werken, für Gruppen- und Klassenfeiern mit Lagerfeuer, zum Abschluss von Wanderungen und Radtouren. Schulische Betreuungen oder AGs nutzen das Gelände an fest vereinbarten Wochentagen nachmittags mit ihrem Personal. Aufsicht und Verantwortung haben die zuständigen LehrerInnen, ErzieherInnen oder Sozialpädagogen.
Vereine, die mit Pflanzen, Tieren oder Naturschutz zu tun haben, aber auch Pfadfinder, Feuerwehr, JUZ sowie andere Kinder- und Jugendgruppen führen in dem Garten nach Absprache mit dem Verein eigene Projekte und Aktivitäten durch.
Dafür erhebt der Verein gegebenenfalls eine geringe Gebühr (1,- € p. P. z. B.), um die Infrastruktur zu finanzieren.
Entscheidend wichtig, dass dies alles funktioniert ist ein gut geführter Verein, eine „idealistische Keimzelle“, die diesen Betrieb managt (Terminkoordination, Geländekontrolle, Haus- und Gartenmeister ….). Entlastend könnte auch die Schaffung einer 400,- € -Stelle oder ein/e geschäftsführender Rentner/in sein. Zur Finanzierung benötigt man dann Menschen, die Spenden/Sponsoring für den Verein besorgen.
Insgesamt von Bedeutung ist es, dass jede/r nur so viel tun sollte, dass es auch Spaß macht, denn das ist der „Lohn“ ehrenamtlicher Arbeit. Wenn es dann dennoch zu viel wird, die Nachfrage nicht in den Griff zu bekommen ist, sollte man wieder auf die Stadt/Gemeinde zugehen und das „Dilemma“ schildern. Hier könnte dann die Gemeinde angesichts der Nachfrage viel eher bereit sein, vorhandene Gelder und Stellen umzuschichten (vom JUZ oder anderer Kinder- und Jugendarbeit). So geschehen in Rödermark, Langen oder auch Offenbach, wo nach 2 Jahren ehrenamtlicher Arbeit erst 25.000,- später 50.000,- € jährlich zur Verfügung stehen und mittlerweile sogar ein Farmhaus als auch Stall gebaut wurde. Andere Beispiele, die ehrenamtlich arbeiten, sind der Erlebnishof in Hungen und die Jugendfarm Elsterbach (seit 2005 !) in Oestrich – Winkel im Rheingau.
Dieses Konzept ist also keine Illusion, sondern durchaus machbar.